Was wir heute brauchen, ist Context Engineering – und ehrlich gesagt, ich wünschte, ich hätte das vor einem Jahr schon so klar gesehen. Hätte mir einige Umwege erspart.
„Prompt Engineering ist tot”, sagte mir letzte Woche ein Bekannter. Nicht ganz richtig, aber er hatte einen Punkt. Nach zwei Jahren intensiver Arbeit mit KI-Systemen im Bildungsbereich sehe ich deutlich: Prompt Engineering war nur der Anfang.
Context Engineering ist keine Modeerscheinung. Es löst reale Probleme, die jeder kennt, der schon mal versucht hat, KI systematisch im Geschäft einzusetzen: inkonsistente Ergebnisse, ständiges Nachkorrigieren, KI-Systeme, die zwar beeindrucken, aber nicht wirklich helfen.
In diesem Artikel teile ich meine Erfahrungen aus Context Engineering-Projekten mit deutschen Solopreneuren und Bildungsprofis. Was funktioniert, was nicht, und wie du den Übergang schaffst, ohne dein Budget zu sprengen oder dein Team zu überfordern.
Was dich erwartet:
- Warum Context Engineering mehr ist als nur „bessere Prompts”
- Konkrete Beispiele aus deutschen Unternehmen (mit Zahlen)
- Welche Tools wirklich funktionieren (und welche du vergessen kannst)
- Eine 30-Tage-Roadmap für deinen ersten Context Engineering-Ansatz
- Typische Stolpersteine und wie du sie vermeidest
Table of Contents
Was ist Context Engineering eigentlich?
Lass mich mit einer Geschichte anfangen. Letzten Monat hat mir eine Klientin frustriert erzählt:
„Ich schreibe jeden Tag eine Stunde lang Prompts für ChatGPT, um Kursinhalte zu erstellen. Mal funktioniert es super, mal ist es kompletter Murks. Und jeden Tag fange ich wieder von vorn an.”
Das Problem: Sie hat Prompt Engineering gemacht. Was sie brauchte, war Context Engineering.
Context Engineering baut der KI ein Gedächtnis auf und gibt ihr Werkzeuge in die Hand. Statt jeden Tag zu erklären, wer sie ist, was sie macht und wie ihre Kurse aussehen sollen, baut sie einmal ein System, das sich an alles erinnert und automatisch die richtigen Informationen zur richtigen Zeit bereitstellt.
Denk an einen guten Assistenten: Der fragt dich nicht jeden Morgen nach deinem Namen und deinen Terminen. Er kennt deinen Kalender, weiß, wen du gerne triffst, hat deine E-Mails im Blick und bereitet Meetings vor, bevor du überhaupt daran gedacht hast.
Genau das macht Context Engineering für KI.
Vertiefen:
- Context engineering and the technical foundations of educational transformation
- The New Skill in AI is Not Prompting, It’s Context Engineering
Die drei Bausteine, die den Unterschied machen
Baustein 1: Intelligente Informationsbeschaffung
Die KI zapft automatisch die richtigen Quellen an. Wenn ein Kunde nach aktuellen DSGVO-Änderungen fragt, sucht sie nicht nur in ihrem Trainingswissen von 2023, sondern auch in deiner aktuellen Rechtsdatenbank. Ohne dass du ihr das jedes Mal erklären musst.
Baustein 2: Tool-Integration, die tatsächlich hilft
Deine KI kann plötzlich mehr als nur Text produzieren. Sie kann E-Mails verschicken, Termine erstellen, Daten aus deinem CRM holen oder sogar Rechnungen schreiben. Alles automatisch, basierend auf dem Kontext der Unterhaltung.
Baustein 3: Ein Gedächtnis, das funktioniert
Hier liegt der Gamechanger: Das System lernt mit jeder Interaktion dazu. Es merkt sich, welche Antworten gut ankommen, welche Kunden welche Vorlieben haben, und wird von Woche zu Woche besser.
Ich habe das bei einem Coaching-Business gesehen: Nach drei Monaten Context Engineering konnte die KI neue Klienten so gut einschätzen, dass sie bessere Kurse vorschlug als der Coach selbst. (Der Coach war übrigens begeistert – mehr Zeit für das, was er wirklich gut kann.)
Warum plötzlich alle darüber reden
Vor einem Jahr war KI noch wie ein superintelligentes, aber vergessliches Genie. Brillant im Moment, aber ohne Zusammenhang. Jede Unterhaltung war ein Neustart.
Dann kamen Tools wie RAG (Retrieval-Augmented Generation) und plötzlich konnte KI auf echte Daten zugreifen. Echte Datenbanken. Echte APIs. Echte Geschäftsprozesse.
Was ich meine:
- DSGVO macht alles drei Mal so aufwendig (aber wichtig!)
- Wir sprechen Deutsch, denken aber oft auf Englisch (besonders bei Tech)
- Jede Branche hat ihre eigenen Regeln und Eigenarten
- Deutsche Kunden erwarten andere Kommunikation als amerikanische
Ein simpler Prompt bekommt das nicht hin. Aber ein gut durchdachtes Context Engineering-System? Das kann es.
Context Engineering vs. Prompt Engineering: Der echte Unterschied
Okay, lass mich dir den Unterschied an einem Beispiel zeigen, das ich letzte Woche live erlebt habe:
So arbeitet Sabine noch: Prompt Engineering
Sabine entwickelt Compliance-Kurse für mittelständische Unternehmen. Jeden Morgen tippt sie so etwas:
„Erstelle einen 8-stündigen Online-Kurs über DSGVO für Mittelständler.
Berücksichtige deutsche Rechtsprechung und praktische Beispiele.
Verwende unsere Corporate Identity. Strukturiere in 4 Module.
Zielgruppe: IT-Leiter ohne Jura-Background.
Ton: professionell aber verständlich. Viele Praxisbeispiele.
[...und noch 500 Wörter mehr...]"
Das Problem:
- Jeden Tag das gleiche Ritual
- Bei jedem Kunden muss sie den Prompt anpassen
- Wenn neue Gesetze kommen: Alle Prompts überarbeiten
- Kollegen können ihre Prompts nicht verwenden (andere Kunden, anderer Stil)
- Nach zwei Wochen Urlaub: „Wie war nochmal der perfekte Prompt?”
So arbeitet Sabine heute: Context Engineering
Sabines System weiß inzwischen:
- Wer ihre Kunden sind (CRM-Integration)
- Wie ihre Kurse aussehen sollen (Style Guide hinterlegt)
- Was die neuesten DSGVO-Änderungen sind (automatisches Update)
- Welche Beispiele bei welcher Branche funktionieren (lernt aus Feedback)
- Welche Kunden welche Besonderheiten haben (Gedächtnis)
Sabines neuer „Prompt”:
„Entwickle einen DSGVO-Kurs für Kunde: AutoTeile GmbH"
Das System macht automatisch:
✓ Holt aktuelle Rechtsprechung aus der Datenbank
✓ Wählt passende Beispiele aus der Automotive-Branche
✓ Verwendet Sabines bewährte Kursstruktur
✓ Passt den Ton an (AutoTeile mag es eher direkt)
✓ Integriert Feedback aus dem letzten Automotive-Kurs
Das Ergebnis: Sabine spart 80 % der Zeit und die Kurse werden konstant besser.
Die vier entscheidenden Unterschiede
1. Einmal setup vs. täglich kämpfen
- Prompt Engineering: Jeden Tag neu basteln und hoffen
- Context Engineering: Einmal richtig aufsetzen, dann läuft es
2. Goldfisch-Gedächtnis vs. Elefanten-Gedächtnis
- Prompt Engineering: Jede Unterhaltung startet bei null
- Context Engineering: System lernt dazu und wird besser
3. Ein-Mann-Show vs. skaliertes System
- Prompt Engineering: Je mehr Nutzer, desto chaotischer
- Context Engineering: Je mehr Nutzer, desto intelligenter
4. Manuell vs. automatisch
- Prompt Engineering: Neue Anforderung = neue Prompts schreiben
- Context Engineering: System passt sich selbst an
Ehrlich gesagt: Prompt Engineering ist wie jeden Tag kochen. Context Engineering ist wie einen guten Koch einstellen.
Keine Panik: Du musst nicht alles wegwerfen
Deine guten Prompts kannst du behalten. Context Engineering baut darauf auf, ersetzt sie aber nicht. Denk daran wie an den Unterschied zwischen einem Rezept (Prompt) und einer komplett ausgestatteten Küche mit erfahrenem Koch (Context Engineering).
Beide haben ihren Platz. Aber nur eines davon führt ein Restaurant.
Die Technik dahinter (ohne den ganzen Hokuspokus)
Context Engineering funktioniert über drei technische Bausteine, die du verstehen solltest:
RAG (Retrieval-Augmented Generation) holt aktuelle Infos aus deinen Datenbanken und füttert sie der KI. Beispiel: Ein Anwaltschatbot greift auf gestrige Gerichtsurteile zu, statt nur mit 2023er Trainingsdaten zu arbeiten.
Vektordatenbanken speichern das „Gedächtnis” deiner KI. Sie merken sich nicht nur Fakten, sondern auch deren Bedeutung. Für deutsche Unternehmen relevant: Chroma (klein und fein), Weaviate (Open Source, DSGVO-sicher) oder Pinecone (cloud-basiert).
Tool-Integration verbindet deine KI mit echten Geschäftsprozessen – CRM, E-Mail, Kalender, was auch immer dein Business braucht.
Wie das in der Praxis aussieht
Zwei Beispiele aus meiner Beratungspraxis:
Fall 1: Fintech Compliance-Training
Problem: Manuelle Content-Pflege bei sich ständig ändernden Gesetzen.
Lösung: Context-System überwacht BaFin-Updates automatisch und passt Schulungen an.
Ergebnis: 90 % weniger manuelle Arbeit, 40 % bessere Abschlussraten.
Fall 2: SaaS Customer Support
Problem: Support-Team überlastet, aber Qualität soll nicht leiden.
Lösung: KI bekommt automatisch Zugriff auf Kundenhistorie, Produktdokumentation und Known Issues.
Ergebnis: Support-Auflösung stieg von 35 % auf 78 %, Team fokussiert sich auf komplexe Fälle.
Was du als deutsche(r) Solopreneur(in) beachten solltest
Datenschutz first: Sensible Daten bleiben on-premise, öffentliche können in die Cloud. Dokumentiere deine Datenflüsse – nicht nur für die DSGVO, sondern damit du später noch weißt, was wo läuft.
Der deutsche Mittelstand-Ansatz: Klein anfangen, beweisen, dann skalieren.
- Monat 1-2: Ein Use Case, messbare Ziele
- Monat 3-4: Integration in bestehende Prozesse
- Monat 6+: Auf weitere Bereiche ausweiten
Mehrsprachigkeit nicht vergessen – deine KI sollte Deutsch-Englisch-Switching genauso gut können wie du.
Fazit: Zeit, anzufangen
Context Engineering ist der nächste logische Schritt nach Prompt Engineering. Nicht komplizierter, aber systematischer. Nicht für Nerds, sondern für alle, die KI ernst nehmen.
Was du mitnehmen solltest:
- Context Engineering baut Systeme, Prompt Engineering schreibt Texte
- Deutsche Besonderheiten (DSGVO, Mehrsprachigkeit) sind machbar
- Klein anfangen ist völlig okay – und sogar klüger
Deine nächsten Schritte:
- Diese Woche: Such dir einen Use Case aus
- Nächste Woche: Schau, welche Daten du schon hast
- Nächsten Monat: Bau deinen ersten Prototyp
Context Engineering wird die nächsten Jahre prägen. Wer jetzt anfängt, ist in zwei Jahren vorne dabei. Die Frage ist nicht ob, sondern wann.
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