In diesem Blogbeitrag erkläre ich, wie Behaviorismus im Instructional Design eingesetzt wird.
Instructional Design und Behaviorismus
Instructional Design ist ein systematischer Prozess zur Entwicklung von Lernerfahrungen. Es ist ein wissenschaftlich fundierter Ansatz, der die Erkenntnisse der Lernpsychologie nutzt, um Lernende effektiv zu unterstützen.
Lerntheorien sind Modelle und Hypothesen, anhand derer Lernvorgänge psychologisch beschrieben und erklärt werden sollen. Der komplexe Vorgang des Lernens wird dabei mit möglichst einfachen Prinzipien und Regeln erklärt. Eine der bekanntesten Lerntheorien ist der Behaviorismus.
Was ist Behaviorismus?
Bevariosmus als Lerntheorie konzentriert sich auf die beobachtbaren und messbaren Verhaltensweisen eines Individuums, die wiederholt werden, bis sie automatisch werden. Sie befasst sich auch damit, wie das äußere Umfeld eines Menschen sein Verhalten beeinflusst.
Behaviorismus – Eine kurze Geschichte dieser Lerntheorie
Behaviorismus ist eine Lerntheorie, die sich auf die Beobachtung von Verhalten konzentriert. Sie besagt, dass Lernen durch die Verbindung von Reizen und Reaktionen stattfindet.
Iwan Pawlow und seine Hunde
Im späten 19. Jahrhundert experimentierte der russische Wissenschaftler Iwan Pawlow mit seinen Hunden, als er die so genannte klassische Konditionierung (oder Reiz-Reaktion) entdeckte. Er wusste zwar, dass die Hunde von Natur aus nach Futter speichelten, stellte aber fest, dass die Hunde nach wiederholter Darbietung von Futter und einem normalerweise neutralen Reiz (z. B. dem Läuten einer Glocke) allein aufgrund des “neutralen Reizes” zu speicheln begannen. Durch klassische Konditionierung (die wiederholte gemeinsame Darbietung von Futter und einer klingelnden Glocke) hatten die Hunde gelernt, die Glocke mit Futter zu assoziieren. Lesen Sie den folgenden kurzen Artikel auf simplypsychology.org, um einen tieferen Einblick in die klassische Pawlowsche Konditionierung zu erhalten.
Pavlov’s Dogs Experiment and Pavlovian Conditioning Response https://www.simplypsychology.org/pavlov.html
J.B. Watson und seine behavioristische Lerntheorie
Zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts baute der Psychologe J.B. Watson auf Pawlows Erkenntnissen auf und entwickelte eine Lerntheorie, die heute als Behaviorismus bezeichnet wird. Watson schlug vor, die Psychologie anhand objektiver, beobachtbarer Verhaltensweisen und nicht anhand subjektiver, innerer Gedanken und des Bewusstseins zu untersuchen. Watson vertrat die Ansicht, dass Erfahrung und Umwelt (und nicht innere Motivationen oder ererbte Eigenschaften) bestimmen, wer oder was ein Mensch wird und wie er sich verhält. Dies beeinflusst maßgeblich das Lernen und Lernverhalten.
B.F. Skinner – “About Behaviorism”
Der Behaviorismus wurde in den 1960er und 1970er Jahren von B.F. Skinner populär gemacht. In seinem Buch About Behaviorism (1976) geht er davon aus, dass die Psychologie am besten durch die Beobachtung des Verhaltens von Individuen und die Herstellung von Verbindungen zwischen ihrem Verhalten und ihrer Umgebung oder vorherigen Reizen untersucht werden kann. Äußere Handlungen sind das Ergebnis von Reizen mit positiven oder negativen Konsequenzen.
Nach der behavioristischen Theorie unterscheidet sich der Mensch nicht von anderen Tierarten – wie Pawlows Hunden – darin, dass wir auf Reize reagieren: Wenn wir eine angenehme Reaktion auf eine Handlung erhalten, versuchen wir, diese Handlung zu wiederholen; wenn wir eine negative oder unangenehme Reaktion auf eine Handlung erhalten, vermeiden wir es, diese Handlung zu wiederholen.
Weiterführende Literatur: Behaviorism – https://gsi.berkeley.edu/gsi-guide-contents/learning-theory-research/behaviorism/
Dort wird auch erläutert, wie der Behaviorismus als Reaktion auf die damals vorherrschende sogenannte introspektive Psychologie entwickelt wurde.
Von welchen Annahmen gehen die Behavioristen aus?
Behavioristen betrachten jedes Verhalten als eine Reaktion auf einen Reiz. Sie gehen davon aus, dass das, was wir tun, von der Umgebung bestimmt wird, in der wir uns befinden und die uns Reize liefert, auf die wir reagieren, sowie von den Umgebungen, in denen wir uns in der Vergangenheit aufgehalten haben und die uns dazu veranlasst haben, zu lernen, auf bestimmte Reize in einer bestimmten Weise zu reagieren.
Da die Theorie nur an der quantitativen Beobachtung von Reaktionen auf Reize interessiert ist, lässt sie die Möglichkeit von Denkprozessen im Kopf des Lernenden völlig außer Acht. Es geht nur darum, “was” die Lernenden wissen müssen – was erklärt, warum die Behavioristen Methoden wie Identifikation, Auswendiglernen und Assoziation anwenden.
Beim Aufbau von Fertigkeiten wird derselbe behavioristische Ansatz angewandt, indem eine bestimmte Fertigkeit beobachtet und geübt wird (was). Die Aufgabe des Schülers besteht darin, sich an die Fähigkeit zu erinnern und darauf zu reagieren, während der Ausbilder Feedback gibt (Angabe, ob die Antwort richtig oder falsch ist) und Übung organisiert.
Anwendung des Behaviorismus im Instructional Design
Wie der Name schon sagt, konzentriert sich ein behavioristischer Ansatz darauf, die Lernenden zu leiten, um vorher festgelegte Lernergebnisse zu erreichen. Lernen findet dann statt, wenn es den Lernenden gelingt, diese erwarteten Ergebnisse zu erreichen, die auf die Lernziele des Kurses ausgerichtet sind. Das Ziel eines behavioristisch orientierten Instructional Design ist es, den Lernenden geeignete Anreize zu bieten, d. h. Gelegenheiten, die ihnen helfen zu zeigen, dass sie in der Lage sind, die gewünschten Verhaltensweisen zu zeigen, die beweisen, dass das Lernen tatsächlich stattgefunden hat.
Die Rolle des Lehrers/Ausbilders darin besteht, die positiven oder gewünschten Reaktionen (Verhaltensweisen) der Lernenden durch geeignete Anreize und kontinuierliche positive Verstärkung zu fördern. Diese Art von Unterricht erfordert in der Regel viele Wiederholungen, Auswendiglernen, Fragen und Antworten und externe Motivatoren wie Benotung und Lob. All das führt zur sogenannten operanten Konditionierung.
https://studyflix.de/biologie/operante-konditionierung-2561
- Die Schaffung von messbaren und beobachtbaren Lernergebnissen bei den Lernenden
- Konkrete Belohnungen und informatives Feedback einsetzen, um die Lernleistung der Lernenden zu verbessern
- Die Lernenden bei der Beherrschung einer Reihe von vorhersehbaren Verhaltensweisen oder Fähigkeiten anzuleiten
Ein typisches Anwendungsbeispiel des Bevaviorismus
Ein Kundensupport für eine Vielzahl hochkomplexer Anwendungen ist das Paradebeispiel für die gezielte Anwendung behavioristischer Prinzipien im Instructional Design.
Das klassische Lernszenario: Die Kundenbetreuer müssen schnell geschult werden, um die Fragen der Benutzer zu beantworten, obwohl die Anwendungen zu komplex sind, um sie in kurzer Zeit vollständig zu verstehen.
Dies ist ein typisches Szenario für einen behavioristischen Ansatz beim Lernen. Die Kundenbetreuer müssen die Fragen der Benutzer lösen (beobachtbare Handlung). Für die Kundenzufriedenheit ist es unerheblich, ob sie die Tools, die sie unterstützen, wirklich verstehen. Was zählt, ist das Ergebnis bzw. der konkrete Support, nicht ihr Wissen (beobachtbares Verhalten).
Lernumgebung: In Anbetracht des obigen Szenarios muss sich die Lernlösung auf die beobachtbaren Handlungen konzentrieren (korrekte Beantwortung von Kundenfragen) und nicht auf die Anhäufung von Wissen über die Tools.
Die Entwicklung eines geeigneten Trainings konzentriert sich auf typische Kundenfragen und Szenarien des Arbeitsumfelds, die der Kundensupport beantworten muss. Detailliertes Fachwissen ist nur ein Mittel zum Zweck, die Kunden bestmöglich zu unterstützen.
Eine gelungene behavioristische Trainingslösung wird sich auf das Erlenern typischer Arbeitszenarien konzentrieren. Die Rolle des Trainers ist die korrekte Anleitung und Motivation der Lernenden.
- Positive Verstärkung: Die Kundendienstmitarbeiter erfüllen KPIs. Wenn sie gute Arbeit leisten, werden sie mit einem höheren Gehalt belohnt und erreichen eine höhere Einstufung, was ihnen mehr Möglichkeiten in der Zukunft eröffnet.
- Negative Verstärkung: Wenn sie ihre KPI-Ziele nicht erreichen, erhalten sie negatives Feedback von den Managern und riskieren, entlassen zu werden.
Vor- und Nachteile des Behaviorismus im Instructional Design
Der Einfachheit halber bleiben wir bei obigem Beispiel eines Customer Supports.
Vorteile
- Die Kundendienstmitarbeiter bzw. Agenten können schnell und einfach geschult werden.
- Agenten können ihre Zielvorgaben schneller erreichen als mit anderen Methoden.
- Mitarbeiter müssen keine Vorkenntnisse haben, da sie nur den Prozessen folgen müssen.
- Fähigkeiten und persönliche Eigenschaften sind nicht wichtig und müssen nicht berücksichtigt werden. Dies ist ein Vorteil für den Arbeitgeber, da er eine größere Auswahl an potenziellen Mitarbeitern hat.
Nachteile
- Agenten können nur einfache Fragen innerhalb der vorgefertigten Szenarien beantworten.
- Bei komplexeren Fragen sind sie oft überfordert, da ihnen das grundlegende Wissen fehlt.
- Agenten sind darauf trainiert, nicht proaktiv zu sein. Das bedeutet, dass sie nicht von sich aus aktiv werden, sondern nur auf Anfragen reagieren.
PS: Behavioristische Prinzipien bei Gamification und spielbasiertem Lernen
Nicht zuletzt sind die behavioristischen Prinzipien auch heute noch bei der Gamification anwendbar, d.h. bei der Präsentation des Lernmaterials durch den Einsatz von Spiel-Design-Elementen in einer unterhaltsamen Art und Weise, um das Publikum während des gesamten Lernprozesses zu motivieren und zu engagieren.
Bei Gamification, wie auch bei anderen Arten von Lernaktivitäten, kann die Verstärkung eines bestimmten erwünschten Verhaltens auf zwei Arten erfolgen:
- positive Konditionierung: indem man den Lernenden bestimmte Lernergebnisse entlockt und diese Ergebnisse durch die Zuweisung von Punkten, Noten, Budgets, einer höheren Position in den Ranglisten usw. belohnt
- negative Konditionierung: indem man den Lernenden bestimmte Vorteile entzieht, z. B. Punkte, Leben usw., um sie dazu zu bringen, unerwünschte Konsequenzen ihres Verhaltens zu vermeiden
Fazit: Behaviorismus im Instructional Design
In diesem Post habe ich erklärt, wie Behaviorismus im Instructional Design eingesetzt wird. Ich freue mich über deine Anmerkungen und Kommentare.